Meine Rede im Ratshof in Halle am 3. Mai 2019

 

Guten Tag, mein Name ist Katja Ullmann, ich freue mich, dass Sie zur Eröffnung meiner Fotoausstellung „AllesKönnerinnen – Frauen in der Russländischen Föderation bei der Arbeit“ gekommen sind.

 

Herzlichen Dank dem Verein „Freunde Baschkortostans“ und dem Ratshof der Stadt Halle für diese wunderbare Einladung, heute hier 27 meiner Fotos ausstellen zu können.

 

Die meisten dieser Bilder hingen vor gut einem Jahr in Ihrer Partnerstadt Ufa in der Staatlichen Baschkirischen Universität. Dort wurden Vertreterinnen des Vereins darauf aufmerksam und wir kamen ins Gespräch über diese interessante Republik, wohin ich bereits sechs Mal den Studierendenaustausch der TU Dresden begleitet habe.

 

Bei diesen Reisen durch´s Land hatte ich die Gelegenheit, viele Frauen bei ihrer Arbeit zu sehen, zu sprechen und zu fotografieren: zunächst natürlich die Mitarbeiterinnen unserer Partnerunis, aber auch Bäuerinnen im Ural, wohin wir mit den Studierenden regelmäßig fahren, Künstlerinnen, Ärztinnen…

 

An meine Fotoausstellung „Kometensplitter – Frauen in Nicaragua“ schloss ich 2013 unmittelbar die Arbeit an „AllesKönnerinnen – Frauen der Welt bei ihrer Arbeit“ an. Mir geht es darum, Frauen bei ihren verschiedenen Tätigkeiten darzustellen.

 

Als ich Kind war, war es noch selbstverständlich, dass Frauen arbeiteten und dadurch ein selbstbestimmtes, sinnerfülltes Leben führen und sich durch ihre Arbeit verwirklichen konnten.

 

Wir Frauen wollen nicht nur als Trümmerfrauen schuften – als Notnagel in Zeiten, wenn Männer rar sind;

wir wollen nicht nur die viele unentgeltliche Arbeit im Haushalt und in der Familie leisten;

wir wollen nicht nur Lohnarbeit verrichten müssen, weil ein Lohn nicht mehr für eine Familie reicht –

NEIN, wir Frauen wollen durch unsere Arbeit einen Beitrag für die Gesellschaft leisten und gleichzeitig unseren Lohn dafür erhalten, was es uns ermöglicht, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, alle Entscheidungen über unser Leben selbst zu treffen – nicht gegen die Männer, sondern Seite an Seite mit ihnen als gleichberechtigte Menschen.

 

Daher sehen sie heute hier Fotos von Frauen bei der Arbeit! Im Zentrum vor allem Frauen aus und in Baschkortostan, aber auch weitere Fotos von Frauen aus der Russländischen Föderation, von Kaliningrad bis Vladivostok.  

 

Mir gefällt der Name - und die Idee, die dahintersteckt - der Arbeitsgemeinschaft „Freunde.Bleiben“. Bereits in den kältesten Zeiten des Kalten Krieges war der Schriftsteller Heinrich Böll – der gute Mensch aus Köln - über Grenzen politischer Lager hinweg ein bekennender Freund der „Sowjetmenschen“. Bei uns hießen sie die „Freunde“ – all´ die Grusinier, Russen, Ukrainer, die uns in der Schule oder auch zu Hause oft besuchten.

 

1981 habe ich meine Freundin Olga im Ferienlager in der Sächsischen Schweiz kennengelernt. Kinder der Partnerstädte Leningrad und Dresden verbrachten dort drei Wochen ihrer Sommerferien gemeinsam. Die Heimatstadt Olgas trägt heute wieder einen anderen Namen – so wie viele Straßen und Plätze in meiner Heimatstadt Dresden heute anders heißen. Was sich nicht verändert hat und bestehen bleiben wird, ist unsere nunmehr fast 40jährige Freundschaft. Ihre Eltern und meine Eltern kennen sich und haben sich gegenseitig besucht und Olga und ich schreiben und besuchen uns regelmäßig.

 

Nach der politischen Umwandlung der Welt mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben und die unser Leben beeinflussen, gefällt mir die Idee, Freunde zu bleiben. Wenn wir nun plötzlich mit Menschen aus den USA, mit Franzosen, Engländern usw. beste Freunde sein können und wollen, heißt das für mich auf keinen Fall, dass wir unsere früheren Freunde, die Menschen, die uns schon lange begleiten, verlieren oder gar zu Feinden erklären sollten.

 

Im Gegenteil: Mit dem bereits erwähnten Studierendenaustausch der TU Dresden, mit Städtepartnerschaften wie der Ihren mit Ufa und der meiner Heimatstadt Dresden mit Sankt Petersburg usw. – LASST UNS FREUNDE BLEIBEN! Wenn die Menschen in beiden Ländern sich persönlich kennen, sich besuchen und schätzen, kann niemand ihnen so leicht Angst voreinander einjagen oder sie gegeneinander aufhetzen. Es gibt genug zu tun, das wir mit der Kraft unserer Freundschaft anpacken sollten.

 

In diesem Sinne: Lassen Sie uns anstoßen auf die Freundschaft – za druzhbu!